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Projektvorstellung: Vereintes Tor

Vereintes Tor, Aschaffenburg, am Feierkreisel - 2018


Sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger, am 25.6.2008 geschah Bedeutendes in der Innenstadt von Aschaffenburg - am Verkehrskreisel vor der City-Galerie. Tausende Fußballfans gegnerischer Mannschaften trafen dort nach dem EM-Spiel Deutschland/Türkei, 3:2 aufeinander. Schlimmstes war zu befürchten - das Gegenteil geschah. Statt gewaltvoll aufeinander loszugehen, ereignete sich Wunderbares. Die Fans begegneten sich, fielen sich in die Arme und feierten anschließend gemeinsam. Damit wurde dieser Ort zum symbolhaften Platz des friedvollen Miteinanders dem »Feierkreisel«.
Ich, als ein in Aschaffenburg lebender Künstler, war davon tief beeindruckt. Zeigt sich in diesem Geschehen doch eine Mut machende Wandlung in der üblichen Beziehung zwischen Gewinnern und Verlierern. Sich selbst als Teil im Anderen erkennen zu können, darin liegt der Schlüssel zum Miteinander.
Wie fähig die Bürger Aschaffenburgs zu derartigen »Transformation« sind, zeigt sich vielfältig in Ihrer Geschichte bis hin zur Gegenwart. Damit repräsentieren sie einen wichtigen Teil der Identität dieser Stadt. Diese Fähigkeit und das Ereignis am »Feierkreisel« waren Anlass für mich, mit künstlerischen
Mitteln an diesem Ort ein impulsgebendes Zeichen setzen zu wollen.
Das Ergebnis dieser Arbeit wurde im Rahmen einer Premiere multimedial im Kino - Kinopolis am 3.3.2018 vorgestellt. Moderation: Cornelia Denk, Schauspielerin Aschaffenburg. Musik: Max Hofmann. Der Oberbürgermeister Klaus Herzog und weitere prominente Gäste sowie die Presse und TV waren anwesend.


Filmbericht von Main-TV
siehe unter:
http://www.main.tv/mediathek/kategorie/main-tv-der-tag/blaulicht/video/wird-der-aschaffenburger-feierkreisel-zum-kunstwerk


Vereintes TOR


Interaktive, kinetische Gedenkstätte zu einem historischen Ereignis in Aschaffenburg am »Feierkreisel« zum Thema: Gewinnen und  Verlieren - eine gelungene Verbrüderung auf Augenhöhe

Foto: Polizeiinspektion Aschaffenburg, Björn Friedrich, Robert Kessler


Verlierer und Gewinner - gelungene Verbrüderung auf Augenhöhe

Anlässlich der Fußball-Europameisterschaft 2008 feierten etwa 6000 Fußballfans am Verkehrskreisel im Zentrum der Stadt Aschaffenburg nahe der Shopping Mall »City-Galerie«. Deutschland hatte an diesem Tag die Türkei mit 3:2 Toren besiegt und zog damit ins Finale. Die deutschen Fußballfans trafen damals an diesem Ort auf etwa 120 türkische Fans. Die Polizeikräfte vor Ort befürchteten ein gewalttätiges Aufeinandertreffen; doch es kam wider Erwarten zu einer Umarmung der gegnerischen Fußballfans. Dieses unerwartet versöhnende Geschehnis kam sogar im Sitzungssaal des Rathauses zur Sprache. Seit dieser Begebenheit feierten bis zum Jahre 2015 gegnerische Fußballfans am »Feierkreisel« die WM- und EM-Fußball-Europameisterschaften und schufen auf diese Weise einen mittlerweile stadtbekannten Ritus. Aus Sicherheitsgründen wurde das Feiern am »Feierkreisel« jedoch im Jahre 2016 an einen anderen Ort verlegt.


Berührung

Von der »Umarmung am Feierkreisel« erfuhr der Aschaffenburger Künstler Robert Kessler vom Stadtentwicklungsreferent Bernhard Keßler im Rahmen von Gesprächen über die Identität der Stadt. Er erkannte hinter der »Umarmung« ein zentrales gesellschaftliches Thema, das über den Bereich des Fußballs hinausreicht. Robert Kessler ließ sich vom Handeln dieser - anfangs wenigen - mutigen Fußballfans berühren und ging dem zugrundeliegenden Phänomen auf den Grund. Über zweieinhalb Jahre recherchierte und debattierte er mit verschiedenen Fußballvereinen von Aschaffenburg, Philosophen, Kunsthistorikern, dem Polizeidirektor, Professoren und den Bürgermeistern der Stadt, um dieses Thema in einem künstlerischen Werk zu fassen.


Ein Kunstwerk als Symbol und Zeichen

Die vom Künstler Robert Kessler entwickelte Gestaltung des »Feierkreisels«, versteht sich als ein symbolisches Zeichen. Es verkörpert eine zeitgemäß weiterentwickelte Gedenkstätte zur Erinnerung an die menschlich bedeutsame, historisch belegte, gewaltfreie Begegnung der Umarmung gegnerischer Fußballfans. Diese ist vielen Aschaffenburger Bürgern bis heute nicht bekannt.

Der außerordentliche Wert dieser Umarmung liegt darin, dass sie dem gesellschaftlich polarisierenden Erfolgs- und Verliererprinzip eine tatsächlich gelebte alternative Handlungs- und Gesinnungslösung anbietet und gegenüberstellt.
Das Kunstwerk macht dessen Kraft und Wesen als  Teil der Identität der Bürger Aschaffenburgs sichtbar.


Das Kunstwerk

Auf dem Straßenniveau des Verkehrskreisels bilden zwei ineinander geschmiegte, unterschiedliche Schwert-klingen (rot / poliertes Metall) ein kreisförmig anmutendes, aufrecht stehendes Objekt von etwa 7,5 m Durchmesser.
Auf seiner Oberseite ist eine Pendelstange platziert, die sich nach beiden Seiten der oberen Schwertklinge neigen kann. Der Ursprungsort und Stoß der beiden ineinander geschmiegten Schwertklingen trifft sich in einer kreisrunden Öffnung der Oberfläche des Verkehrskreisels. Sie misst etwa 3,5 m und verleiht der darunterliegenden Fußgängerpassage durch den Einfall von Tageslicht eine attraktive Aufenthaltsqualität für Passanten.


Berührung und Botschaft

Eine aus Sicherheitsglas gefertigte, sich durch Berührung magisch verwandelnde Glasplatte verbindet den sichtbaren oberen Teil des Kunstwerkes mit der darunter liegenden Fußgängerpassage. Dort befindet sich eine durch die magische Glasscheibe getrennte Wippe - ähnlich einer Wippschaukel. Durch deren Betreten können sich Besucher mit dem Phänomen von Gewinnen und Verlieren auseinandersetzten. Wer die Glasplatte an seiner handförmigen Schaltfläche berührt, aktiviert auch die Beleuchtung der Wippe. Gleichzeitig wird das magische Glas durchsichtig. Dadurch erscheint eine menschliche Silhouette die zur einen Hälfte durchsichtig und zur anderen Hälfte doppelseitig verspiegelt ist. Sowohl für Aktionisten auf der Wippe, als auch für deren Zuschauer, offenbart sich durch die Berührung der Hand auf der Glasfläche und ihr damit verbundenes »Durchsichtig-Werden« eine Situation, in der die Aktionisten sich selbst jeweils als Teil des anderen sehen können. Diese gegenseitige Sichtbarkeit macht auch die Findung einer gemeinsamen Balance einfacher.


Wippe - Gewinner oder Verlierer


Je näher die Wippe in eine Gleichgewichtssituation gebracht wird, umso heller wird auch der Lichtsteifen, der an beiden Seiten der Fußgängerpassage das Erreichen einer gemeinsamen Augenhöhe markiert.


Auf Augenhöhe

Die jeweilige Stellung der Wippe zeigt sich in der Lage der Pendelstange, die auf der obersten Schwertklinge im Außenbereich des Verkehrskreisels anzeigt, wenn Personen die Lage der Wippe verändern. Das Erreichen der gemeinsamen Balance zwischen Gewinner und Verlierer, die errungene Augenhöhe, wird nicht nur mit einem Leuchten der Wippe in der Fußgängerpassage, sondern auch nachts an der Berührungsfuge der beiden Schwertklingen sichtbar vermittelt.


Innen und Aussenwelt

Das Kunstwerk stellt eine Analogie zur Innen- und Außenwelt des Menschen her und macht die »innere« Bewegung für alle im »Außen« sichtbar. Darin erschließt das Kunstwerk seine Botschaft, was für Gegner nötig ist, um eine gemeinsame Augenhöhe erreichen zu können und wie sich diese auf ihre Bereitschaft auswirkt.


Wandel

Sie wandelt die vermeintliche Kränkung des Verlierens oder den überheblichen Triumph des Gewinnens zu einem Verständnis, in dem Scheitern und Erfolg an Wichtigkeit verlieren - und Freundschaft mit anderen Menschen an weiterem Wert gewinnt.


Kunstwerk  - Lösung und Impuls

Aus Gesprächen mit dem Polizeidirektor Herrn Bozem und dem Herrn Bürgermeister Herzing von Aschaffenburg, hat sich im Zuge der Ausarbeitung des hier vorgestellten Kunstwerks eine Möglichkeit ergeben, welche die Sicherheit der Anwohner und Feiernden bei einer Massenveranstaltung wie dieser garantiert. Mit der Erlaubnis, dass die Fans unter Wahrung der Sicherheit wieder dort feiern dürfen, könnte die Stadt Aschaffenburg ein belebendes Zeichen für die Bürger und Fans setzen, das auch die Kränkung des Platzverweises der Fans wieder gutmachen könnte. Es würde vielmehr die Kostbarkeit des »mit Gegnern gemeinsam Feiernkönnens« als ein Ritual der Verbrüderung anerkennen, das einen wichtigen Teil der Identität und der Gesinnung der Bürger der Stadt Aschaffenburg offenbart - die Fähigkeit zu gelungener Integration von Menschen aus anderen Kulturen.

Stellungnahme - Marcel Schäfer
Video


RAP-SONG - Max Hofmann
Video