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balance

windkinetisches Objekt, Schwebendes Ei verbindet zwei Polaritäten" Entwurfsarbeit für die Universität Augsburg - 1996



Zu Beginn
meiner Entwurfsarbeiten an diesem Wettbewerb war mir sofort klar, daß mein Werk zu der Art der Gebäudenutzung (Physik) Bezug nehmen sollte. So habe ich Kontakt zu den Augsburger Physikern aufgenommen, um zu erfahren, welche physikalischen Vorgänge im neuen Gebäude erforscht werden sollen. In den Gesprächen ist mir deutlich geworden, daß die großen Teils abstrakte, geistige Arbeit an rationalen, technischen Vorgängen der Physik ein ausgleichendes Gegengewicht auf der gefühlsmäßigen Seite braucht. Daraus ergab sich, wie ein Kunstwerk für eine solche Universität nicht sein sollte: rational, emotionslos, technisch.
Ich war mir sicher, dass ich etwas machen wollte, was einerseits zu physikalischen Phänomenen Bezug nimmt, andererseits aber Gefühl und Intuition anregen und beleben soll.

Die Idee zum Werk
nimmt folgende Phänomene der Physik zum Inhalt: “Schweben” eines Festkörpers (Ei), Schwingung und Torsion von zwei konischen Stangen (Polaritäten), Wechselwirkung von Wasserströmungen (Energie) und negativ - positiv Umkehrung, (Form, Ei und Strudel). Das Werk verbindet die genannten  Phänomene mit der symbolträchtigen Form des Eies und zeigt einen Verbindungskreislauf.

Das Ei

ist rund und weich in seiner formgebenden Linie. Es ist damit hervorragend geeignet, das Wesen des Gefühls zu verkörpern und zeigt, daß neues Leben in seinem Inneren wächst und seine Zeit der Reifung braucht. Bis zur Öffnung bedarf es einer Schutzhülle. Wer Sie vorzeitig gewaltsam öffnet, tötet das Leben darin. Ähnlich verhält es sich auch bei der Suche eines Physikers nach Lösungen oder Intuition. Der Erfolg eines Forschungsvorganges lässt sich nicht erzwingen und bedarf der Geduld.

In einem Balanceakt
wird das Ei von konischen Stangen bei 4 m Höhe gehalten. Es “schwebt” in fast wunderhafter Stabilität über dem darunter befindlichen Brunnenbecken. Bei Windbewegungen wird das Ei sachte in Bewegungen versetzt. Starker Eisbesatz lässt es etwas zum Wasserbecken herabsinken.

Die konischen Metallstangen
sind  schwarz und weiß gestrichen, und mit einem scharfen Rückenprofil gegen das Beklettern gesichert. Dieses Werk ist in seiner Ausführung ein wundersames Zeichen von angewandter Physik, und bedarf aufwendiger Ingenieur- und Statikerarbeit.

Der Brunnen
ist aus weiß gefärbtem Beton gefertigt. Auf Grund seiner elliptischen Form und der längsseitigen Anordnung seiner Wasserzuführung entsteht ein kreisförmiger Wasserumlauf. Dieser überströmt in einem sanften Wirbel den Rand der Ei-negativform  im Beckenboden. In anschaulicher Weise verbindet das im Becken kreisende Wasser die beiden Stangenpolfelder (schwarz und weiß). Mit leichtem Gurgeln verschwindet das Wasser im Schlund des Eitrichters. Es verweist mit seinem Verlauf in die Erde auf die in der Negativform  angedeutete Bewegungsrichtung des Eis. Mit der Vorstellung, wie das Ei in die Passung findet, oder daraus entspringt, vollzieht der Betrachter eine Bewegung, die zusammen mit den leichten Schwingungen des Eis bei Wind deutlich wird. So weist das an sich statische Werk auf eine Bewegung des Eis in Richtung Erde oder Weltall hin.

Beleuchtet
ist das schwebende Ei nachts mit Scheinwerfern von unten aus dem Eitrichter.

Maße & Material

- Ei 4,3 x 1,2 m - glasfaserlaminierter Schaumkern, hochglanzlackiert,
  Höhe über Becken ca. 4 m
- Stangen ca. 19 m lang - Stahl St. 52, verzinkt, lackiert, Abstand 27 m, max
  Höhe 9 m, Fußdurchmesser ca. 40 cm, Durchmesser bei Eiauflage 5 cm,
  stehendes Dreikant - Rohr
- Brunnenbecken 2,4 x 8.4 m, Wassertiefe 0,3 m
- Beckeneiform Durchmesser 0.9m Tiefe 0.8 m
 
Robert Kessler 1996