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  •  15. Wasserseher 1, Kinderspielplatz Entwurf

  •  16. Wasserseher 2, Kinderspielplatz Entwurf

  •  17. Wasserseher 3, Kinderspielplatz Entwurf

  •  18. Wasserseher 4, Kinderspielplatz Entwurf

paddling pool for children / Kinderplanschbecken

Solar- Freibad Nördlingen - 1995



Planung

Gleich zu Anfang möchte ich zur Beachtung bringen, daß bei der Verteilung der Zuständigkeiten im Zusammenhang mit der Neuplanung des Freischwimmbades die Gestaltung des Kinderplanschbeckens ganz bewußt einem Künstler übergeben wurde.  Diese Vorgehensweise von Auftraggeber, Architekt und Landschaftsplaner verdeutlicht, daß dem Spielbereich des Kindes eine besondere Gestaltungsqualität zugeordnet wurde. Ich freue mich nicht nur über die Tatsache, daß mir als Künstler die Gestaltung des Kinderplanschbeckens, als auch des Sandspiel - und Matschbereiches übergeben wurde, sondern sehe hierin vielmehr eine verantwortliche Bewußtheit darüber, daß Kinder heute mehr denn je, eine persönliche Zuwendung brauchen, die sich um deren reale Entwicklungsmöglichkeiten kümmert, und den geeigneten Raum dafür schafft und bereitstellt.


Entwurfsvoraussetzung
Was anfangs nach einem Traumthema aussah, entwickelte sich innerhalb kürzester Zeit zu einer immer wieder unlösbar scheinenden Schwierigkeit. Der Grund dieser Hindernisse beim künstlerischen Entwurf lag in der Vorgabe von Sicherheits-vorschriften. Ich befand mich daher bei den Entwurfsarbeiten in einer ähnlich problematischen Situation, in welche Kinder dann kommen, wenn ihr Spiel von außen kontrolliert wird. Es waren nicht die Eltern, der Auftraggeber, oder gar der Architekt, welche mir mein "Entwurfsspiel" so erschwerten, nein, es waren die Vorschriften, die mir sagten: Das geht aber nicht, das darfst Du nicht, dieses und jenes ist aber viel zu  hoch, zu eng, zu uneinsehbar, zu unkontrollierbar, zu rutschig......  einfach "viel zu gefährlich". Ich kam zu dem Schluss, daß Gefahrenquellen zwar reduzierbar sind, nicht aber gänzlich zu vermeiden und daher ergab sich ein neuer Ansatzpunkt für eine Lösung dieser Problematik.


Der Wert unverfälschter Natur
Ich suchte nach einem Enwurfskonzept außerhalb dieses Bereiches und beschäftigte mich mit Fragen, was für Kinder wichtig ist, was den Kindern Freude macht, und ihnen etwas Entwicklungsförderliches in die Hand gibt. Ich kam in gemeinsamen Gesprächen mit dem Architekten und Landschaftsplaner zu der der Sichtweise, daß Kinder ebenso wie die Erwachsenen die Begegnung mit unverfälschter Natur brauchen und lieben, und daß darin ein Reiz liegen kann, der die kurzfristige Lust an spannend, gefährlichen Spielmöglichkeiten sogar noch übertreffen kann. Wir waren uns einig, das Begegnungen mit Natur eine bleibende Erfahrung sein kann, und daß genau darin ein großer Wert liegt. In diesem Sinne konnte auf rein technische Spielzeuge verzichtet werden, da Wasser allein schon ohne irgendwelche "Zutaten" ein breites Erfahrungsfeld ermöglicht. Die konkurrenzlose Zusammenarbeit von Architekt, Landschaftsplaner und Künstler ist nicht alltäglich, und hat in Bezug auf die Entstehung  des Planschbeckens und der Spielbereiche einen hohen Stellenwert.


Entwurfskonzept und Ausführung

Auf Grund der genannten Erkenntnisse bekam mein Entwurf Gesicht, und ich entwickelte ich folgendes Konzept:
Ein natürlich, unregelmäßiges Natursteinplateau mit terrassenförmiger Abtreppung trägt in sich einen Flußlauf mit Quelle und Ablauf, und teilt gleichzeitig zwei verschiedene Wasserbecken in einen Strandbereich und ein Becken mit größerer Wassertiefe. Es ergab sich die Verwendung von echtem Naturstein mit möglichst vielen Farb-schattierungen (gelblicher Quarzit aus Brasilien), und mit diesem Steinbereich entstand eine Begegnungsmöglichkeit mit dem Wesen und der Beschaffenheit des Steins und des Wassers. Die Quelle mit dem kleinen Flusslauf, der ins "Meer" mündet, erklärt auf einfache Weise woher das Wasser auf unserer Erde kommt, und wohin es mündet. Neugierig tastende Hände finden im Quelltunnel ein schwarzen länglichen Gegenstand, eine Art Ei. Auf diese Form komme ich noch bezüglich der Gesamtform des Beckens gesondert zu sprechen.


Stauen und Überlaufen

In den kleinen Becken, welche sich in dem terrassierten Flußlauf befinden, kann das Wasser im unteren Bereich mit Schleusen gestaut, umgeleitet oder zum Überlaufen gebracht werden. Es kann aber auch im oberen Bereich der Flußbecken mit dem Körper selbst zum Stauen und Überlaufen gebracht werden. Kommunikation wird nötig, wenn jemand die Wasserzufuhr zu den unteren Flußbereichen blockiert. Regeln, Sichabsprechen, Folgen erkennen, Stauen, Überlaufen, alles das, und viel mehr sind Vorgänge mit denen Kinder und Erwachsene hier gleichermaßen in Berührung kommen und welche auch im zwischenmenschlichen Bereich eine tragende Rolle spielen.


Schläuche
Trotz aller Schwierigkeiten bezüglich der Vorschriften ist es mir gelungen, einen möglichen "schönen Gefahrenbereich" zu erschaffen. Es handelt sich um drei Schlauchanschlüsse aus denen beständig Wasser fließt. Alle drei Schläuche werden von einer Pumpe betrieben, was zur Folge hat, daß im Falle des Zuhaltens  von einem oder auch beiden Schläuchen, das Wasser  noch viel weiter spritzt, als das vielleicht machen Umstehenden lieb ist. Diese Spielvariante bietet nicht nur Erfahrungen mit dem Wesen des Wasserschlauchs, sondern auch mit dem Umgang von Grenzen, was die Gefahr von Ärger mit einem Bespritzten mit sich bringt. Vielleicht entdeckt auch hier manch Erwachsener seine längst totgelaubte Freunde am Naßspritzen von anderen. Im Quellbecken befindet sich ein Rohr mit  Schläuchen an beiden Enden. Man kann sie hochheben, in sie hineinblasen, sie zuhalten .... oder das Prinzip der "kommuni-zierenden Röhren" kennenlernen.  Ein bißchen Rätselhaftes aus der Physik kann hier ganz einfach sichtbar werden.


Rutschen

Zwei schräg in die verschiedenen Wasserbecken geneigte Marmorflächen bieten die Möglichkeit, mit schrägen, und glatten Flächen Rutscherfahrungen zu machen.


Das Becken
Der Natursteinbereich teilt das Kinderplanschbecken in zwei verschiedene Bereiche: Den Standbereich, wo die Wassertiefe rampenmäßig auf 20 cm ansteigt, und das tiefere Becken, welches mit 20 cm Wassertiefe beginnend, und auf 45 cm steigt. Die jeweiligen Steigungen der beiden Beckenbereiche werden optisch mit einem Farbverlauf von beigefarbigen (flach) zu grünen Fliesen (tief) angezeigt.


Ei - Form
Das Kinderplanschbecken entspricht in seiner Äußeren Form einem Ei.  Als Keim des Lebens und als verbreitetes Fruchtbarkeitssymbol findet es sich in den myhtologischen Vorstellungen vieler Kulturen als Weltenei, welches als Sinnbild der Totalität aller schöpferischer Kräfte am Uranfang da war. Es schwamm auf den Urgewässern und entließ die gesamte Welt, die Elemente oder zunächst auch nur Himmel und Erde aus sich selbst heraus. Wegen seiner einfachen Form, sowie wegen der Fülle der in ihm vorhandenen Vielfalt, begegnet uns das Ei mehrfach als Vollkommenheitssymbol. (Auszüge Herder Lexikon).

Das Weltei
gilt als Zeichen des Weiterlebens von Mann, Frau und der Welt, und ein Ei bedarf, ebenso wie ein Kind, der Unterstützung und des Schutzes, um seine Vielfalt an Entwicklungsmöglichkeiten auch wirklich zu entdecken und zu entfalten. Die offenen Spielmöglichkeiten dieser Anlage bieten in meinen Augen eine Herausforderung an Eltern und Kinder, die entstehende Kreativität zuzulassen und sich gegenseitig daran zu bereichern. Für manchen Erwachsenen, der als Kind auf Grund übermäßiger Kontrolle vielleicht zu wenig der notwendigen Freiheit und Unterstützung bekommen hat, zeigt sich hier eine Möglichkeit dieses Fehlen von Freiheit zu verschmerzen und die Lust am schöpferischen Spiel mit Hilfe der Kinder nachzuholen und  wiederzubeleben.  

Ich möchte mich bei dieser Gelegenheit bei allen denjenigen bedanken, die mit mir geholfen haben dieses Werk zu realisieren. Für das Gelingen war auf allen Seiten viel Geduld, Ausdauer, Wissen, Kooperation, Hilfe, Toleranz, und  Arbeit notwendig. Im Rahmen der extrem kurzen Planungs - und Bauzeit ist das gesamte Schwimm -badprojekt ein Wunder!
       
Robert Kessler, im Mai 1995